„Maskenball
– Wo bin ich ich?“
Begrüßung des
Schattens
Herzlich Willkommen,
ehrenwerte Anwesende,
Wir freuen uns, dass ihr
alle hier zu unserer Jugendkiste erschienen seid.
Bedauerlicherweise muss
ich euch mitteilen, dass noch nicht alle Akteure unseres Maskenballes
soweit sind. Ich bitte vielmals um Verzeihung für diese Verzögerung,
aber ich denke, vielen von euch ist bestimmt bewusst, dass es wichtig
ist, seine Maske nochmal zu überprüfen, bevor man unter Leute
geht.
(Bei manchen ist es
vielleicht gerade erst vor der Tür geschehen.)
Doch ganz gleich, ob sie
- wie wir - heute mit Maske oder in natura erschienen sind: Wir
feiern diesen Gottesdienst im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes
und des Heiligen Geistes. Amen.
Hier sind sie:
(Schatten stellt die
verschiedenen Darsteller/Masken einzeln/Paarweise vor,
während diese einziehen
und sich vorn hinsetzen)
Die „über den Dingen –
fass mich nicht an“
Oh, da hält sich jemand
wohl für was Besseres. Wie sie daher kommt mit
dieser geheuchelten
Natürlichkeit und Selbstverständlichkeit. Natürlich: Das
stimmt schon fast wieder.
Diese Maske ist ja praktisch ein Massenfabrikat.
Willst du damit abhaben,
damit dir niemand zu nahe kommt?
Keine Sorge, man kann auch
so sehen, dass das Gesicht nur gemalt wurde…
Der „Schläger“, der Typ mit der
dicken Hose
Oh, soll ich jetzt Angst/Respekt vor
dir haben? Scheint ja fast so.
Ein harter Kerl, dem keiner was kann.
Schon krass, wie weit man mit diesem
„geh mir aus der Sonne“ Gesicht
kommt. Wie weit kämest du wohl, wenn
dir jemand in dein anderes Auge
guckt, dass du da versteckst? Harte
Schale, weicher Kern. Das müsstest
du doch wissen, dass das immer so ist.
Aber du traust dich ja nicht, dir das
einzugestehen…
„das Opfer – alle sind
gegen mich“
Da könnte man ja glatt
Mitleid mit dir haben, ja du da hinten - an der Wand.
Gut, selbst ich bin auf
dich hereingefallen und hatte Mitleid. Ich habe dich für ein
richtiges Opfer gehalten. Aber du gehst zu sehr in deiner Rolle auf.
Bist immer in der letzten Reihe, selbst wenn dir andere den Weg
frei machen, drückst dich mit wehleidigem Gesicht herum, immer
allein, immer geduckt, bis selbst der hilfsbereiteste Mensch aufgibt,
die Mobber sind weitergezogen, haben kein Interesse an dir. Du bist
nicht interessant für sie, für niemanden – aber ich höre sie
reden: Weichei, der ist so erbärmlich…der kann gar nichts.
Gratuliere, deine wehleidige, schützende Opfer-Maske geht auf. Die
„hat eh keinen Zweck, alle sind gegen mich“ Taktik funktioniert.
Nur leider hast du dabei
den aufrechten Gang verlernt…
Das „fröhliches Naiv-chen mit der
rosaroten Brille“
Der Fall ist ja interessant! Hier will
wohl jemand auffallen mit seiner enormen
Fröhlichkeit. Jemand, der alles auf
die leichte Schulter nimmt und Probleme
stets durch die rosarote Brille sieht,
falls überhaupt.
So jemand muss sich natürlich mit
nichts ernsthaft auseinandersetzen.
So schlau siehst du mit der Maske ja
gar nicht aus!
„die zwei Gesichter“
Gott, schon wieder so ein
rückradloser Mensch. Schlimm genug, dass du eine Maske trägst, aber
müssen es denn auch noch zwei gegensätzliche sein? Du hast wohl
alles angenommen:
Leistungsschüler und
Uninteressierte
Sportler und Faullenze
Cool und unscheinbar
Teufelchen und Engelchen
Ying und Yang
Für und Wider
…OK STOP!...
Ich schweife ab in Gefilde,
denen du nicht gerecht wirst. Deine Wahrheit ist nüchterner: Du
drehst dich mit dem Wind und damit drehst du dir selber den Strick.
Vielleicht merkst du das auch selber und drückst dich deshalb am
Rande herum, damit dir niemand so schnell auf die Schliche kommt.
Die „Party-girls“ cool ey!
Ah, da sind ja unsere Party-Löwen. Zu
schnell wieder vergessen,
trotz eurer glitzernden Masken.
Habt ihr denn gar nichts Schönes oder
Einmaliges an euch,
was euch auszeichnet? Oder ist es euch
peinlich, dass was euch auszeichnet zu zeigen und ihr versucht es in
der schillernden Welt der Feste, Partys und der Cocktails
zu verstecken. Ich persönlich kann
Leute wie euch absolut nicht ausstehen.
Wenn ihr nichts anderes vorweisen
könnt, als bis um zwei Uhr Nachts mit fremden Typen zu trinken,
brauche ich mich mit euch nicht zu befassen! Obwohl – wenn die
beiden montags total müde und fertig in die Schule kommen, können
die mir schon wieder Leid tun…
Die „falsche Schlange“
Oh nein, du bist ja auch
noch da! Gut, das war ja zu erwarten. Deine Population ist ja unter
Jugendlichen weit verbreitet, nicht wahr, Schlange? Heuchelst zuerst
Mitleid und Freundschaft vor, nur um dann jedem dem du begegnest die
Geheimnisse und Probleme desjenigen zu erzählen, der dir vorher so
viel Vertrauen entgegengebracht hat. Ist der Grund dafür dein
Machthunger? Macht es dir Spaß, Menschen zu manipulieren? „Tolles“
Gefühl oder? Derjenige zu sein, der entscheidet, ob etwas öffentlich
wird oder nicht. Und wenn dein Verrat bekannt wird, es am besten
noch jemand anderem in die Schuhe schieben und selber ganz
unschuldig tun. Oft genug funktioniert das sogar. Blöd nur, wenn die
Leute irgendwann aufhören, dir etwas anzuvertrauen, weil sie doch
misstrauisch geworden sind. Dann stehst du allein da.
Tja, niemand hat dich
gezwungen, eine Schlange zu sein.
(Hannah)
Ich will nicht die sein,
die ihr aus mir gemacht
habt,
sondern die, die ich
einmal war,
die, die ich wirklich bin.
(zitiert von Hannah als
Schatten)
„Ehrlich zu sich selbst sein“
„Anna kommt abends nach Hause“
(Ida setzt sich vor den Spiegel, um
sich abzuschminken)
(Wimperntusche ab)
„Andere haben Respekt vor ihr, weil
sie sich durchsetzen kann“
(Lippenstift ab)
“Die Unnahbare, alle mögen sie, sie
hat den Ruf einer „Herzensbrecherin““
(Make-up und Puder ab) „Einfach
perfekt! Jeder will so sein wie sie.“
(Ida am Spiegel seufzt lautlos mit
deutlicher Körpersprache, unglücklich-trauriger
Blick)
Anna ist eigentlich unglücklich. Wer
ist sie wirklich? Kann sie sich selbst eingestehen, dass sie weder
unnahbar noch perfekt ist? Kann sie es sich eingestehen, dass das
nur Masken sind, hinter denen sie sich verbirgt? Nein. Es ist sehr
schwer, ehrlich zu sich selber zu sein – oder zu anderen. Beides
hinterlässt Wunden. Ich meine: Wie fühlt es sich wohl an, wenn man
sich gerade eingestanden hat, dass man sich nur etwas vorgespielt
hat?... ? Wer bin ich denn nun? Entweder ich suche mich – was nur
wenige machen – Oder ich lege mir wieder Masken zu, die sich
vielleicht besser anfühlen. Bloß nicht schutzlos sein: Ein
Jugendlicher ohne Maske ist ein potentielles Mobbing-Opfer oder ein
Stück Knete. Halbfreunde, die meinen, dir helfen zu müssen und dir
dabei -ohne es zu wissen, oder aber in vollem Bewusstsein – ihren
Stempel aufdrücken. Man lässt sich nur etwas verformen, und schon
entsteht daraus ein Wesen, das schon wieder nicht man selber ist.
Alles, was ich gar nicht sagen kann,
hat Ernst Jandl in seinem Gedicht
„My own song“ zum Ausdruck
gebracht:
Ich will nicht sein
So wie ihr mich wollt
Ich will nicht ihr sein
So wie ihr mich wollt
Ich will nicht sein wie
ihr
So wie ihr mich wollt
Ich will nicht sein wie
ihr seid
So wie ihr mich wollt
Ich will nicht sein wie
ihr sein wollt
So wie ihr sein wollt
Nicht wie ihr mich wollt
Wie ich sein will will ich
sein
Nicht wie ihr mich wollt
Wie ich bin will ich sein
Nicht wie ihr mich wollt
Wie ich will ich sein
Nicht wie ihr mich wollt
Ich will ich sein
Nicht wie ihr mich wollt
will ich sein
Ich will sein
(Sara)
„Soll ich oder soll
ich nicht?“
„Soll ich oder soll ich
nicht, soll ich oder soll ich nicht.
Oh, das ist aber auch
schwer.
Erst Tobi, dann Denis. Das
ist zu viel.
Wie soll ich mich nur
entscheiden?
Also noch mal von vorne:
Tobi weiß es,
ich habe es ihm ja erzählt.
Und dann kam Denis und ihn
mag ich ja auch irgendwie.
Aber er denkt ja ganz
anders über mich.
Wenn er das erfährt, wie
reagiert er dann wohl?
Entweder er hat kein
Problem damit oder er erzählt es allen weiter. Also soll ich
es ihm nun sagen oder
nicht?“
-
Geht es uns nicht oft so: Andere haben
ein völlig falsches Bild von einem, aber man will trotzdem nicht,
dass sie alles über einen wissen. Woher soll man wissen, was das
Richtige ist? Wenn jemand alles über dich weiß und man sich dann
streitet, kann das gewaltig nach hinten los gehen. Und wenn man gar
nichts über den anderen weiß, ist das ja auch irgendwie
langweilig. Woher soll man überhaupt wissen, ob der andere der
Richtige für mein wahres, unmaskiertes Gesicht ist. Vielleicht
findet er mich unter meiner Maske gar abscheulich. Ist es da nicht
besser, die Maske aufzubehalten und einfach nur das zu machen, was
die anderen auch machen? Dann könnten andere wieder falsch über
einen denken.
Also Maske auf oder ab? …
(Eiko)
Da bin ich die
Dort bin ich jene
Bei ihr bin ich sie
Überall bin ich jemand
Aber wo bin ich ich?
(Ida, zitiert von Hannah
als Schatten)
Pantomime
„Es jedem Recht machen wollen“ -
andere imitieren, statt man selber zu sein
Sara steht in der Mitte
Skater kommt (Krista) Sara kriegt ein
Board
Schnarchnase kommt (Ida) Sara kriegt
ein Kissen
Beide treten von hinten an Sara heran
Cooler Sportler kommt (Tobias) Sara
kriegt einen Basketball
Filmfreak kommt (Angelika) Sara kriegt
eine DVD
Vier treten dichter an Sara heran
„Macker“ kommt (Eiko) Sara kriegt
eine Sonnenbrille
Streberin kommt (Pia) Sara kriegt ein
Mathebuch
Sechs treten noch dichter an Sara heran
Raucher kommt (Marvin) Sara kriegt eine
Kippe
„Aktivist“ kommt (Regina) Sara
kriegt eine Spendendose
Acht kommen Sara bedrohlich nah.
Sie dreht sich um,
sieht sich umringt von den Erwartungen
der acht.
Diese stoßen sie weg, sie fällt,
begraben von den Dingen (Erwartungen)
der anderen.
Die acht drehen sich teilnahmslos um,
gehen weg.
Der Schatten kommt,
trägt die Dinge ab, unter denen sie
begraben ist.
Er hilft Sara auf.
Sie umkreisen sich Hand in Hand –
langsam.
Der Schatten nimmt seine Kapuze ab.
Zeigt sich.
Ich trage keine maske
Ich verhülle mich nur
Damit mich die anderen
Nicht sehen
Und ich ihnen unter die
masken
Sehen kann
Ich habe keine maske
Sondern eine kapuze
(Hannah, gesprochen von
Hannah als Schatten)
Schattenmenschen
Der Schattenmensch,
lateinisch Homo in umbra /auch/umbra homine bezeichnet Menschen, die
sich im Hintergrund einer Gruppe aufhalten. Da er niemanden
auffällt, ist er nicht gezwungen anderen etwas vormachen zu müssen,
sondern kann sich innerhalb seines Radius relativ frei und natürlich
bewegen.
Die meisten Menschen
bemerken ihn nicht und sprechen ihn auch nicht an. Der Schattenmensch
wird zwar von seinem Umfeld nicht wahr genommen, nimmt aber alle
wahr und weiß auch z.B. über andere Leute und deren Probleme
Bescheid. Der Schattenmensch beobachtet alle in Ruhe. Er setzt sich
keine Maske auf und bleibt wie er ist, immer darauf bedacht, im
Hintergrund zu bleiben.
Dadurch finden die
anderen (die eine Maske tragen) auch keinen Zugang zu ihm. Ihr
Lebensraum ist die öffentliche Bühne. Wenn der Schattenmensch aber
zu viel von den Problemen eines anderen mitbekommt und der
Mit-Leidens-Druck in ihm zu groß wird, kann es passieren, dass sich
sein Gewissen regt, er seinen selbst gewählten Lebensraum verlässt
und – in der Regel laut und deutlich – seine Meinung äußert.
Dies führt in seinem Umfeld zu Verwirrung und Irritation. Die
anderen fragen sich, woher der Schattenmensch all dieses über sie
weiß, lehnen seine Argumentation aber oft, vielleicht aus
Unsicherheit über den Grund für dieses plötzliche Engagement, ab.
Nach einem solchen Ausbruch ist es für den Schattenmenschen
unmöglich, komplett wieder in den Schatten zurückzukehren. Die
andern Menschen wissen nun von seiner Anwesenheit und haben
etwas/eine Erfahrung, woran sie ihn messen können. Dies mag der
Grund dafür sein, warum nur wenige der Schattenmenschen diesen
Schritt nach vorne wagen.
Alles in allem bleibt der
Schattenmensch jedoch rätselhaft.
(Angelika)
„es ist nicht gut,
dass der mensch allein
sei“
(zitiert von Hannah als
Schatten)
Ehrlichkeit - Emotionale
Erpressung . Warum?
Am letzten Abend unserer
Klassenfahrt haben wir uns mit einigen Freunden in unserem Zimmer
getroffen. Wir kamen zu dem Thema „Wahrheiten“. Jeder hat viel
von sich preisgegeben. Abgemacht war, dass alles unter uns bleibt!!
Aber am nächsten Tag kam eine Freundin aus der Runde zu mir und
meiner besten Freundin und wollte von uns, dass wir uns jetzt auch
immer mit ihr treffen und dass sie jetzt unsere beste Freundin sei.
Außerdem wollte sie, dass meine Freundin und ich uns nun nicht mehr
ohne sie treffen. Wir ignorierten ihre Albernheiten, aber sie
stellte immer mehr Forderungen. Nach einiger Zeit sprachen wir
einfach nicht mehr mit ihr. Doch dann fing sie an, allen zu
erzählen, was auf der Klassenfahrt (im Vertrauen) besprochen
worden war.
Sie machte sich lustig über
uns und stellte uns bloß. Später bereute sie es aber
offensichtlich. Sie stand mitten im Chemieunterricht, nannte unsere
Namen und entschuldigte sich unter Tränen vor uns allen. Ich glaube
nicht, dass ich ihr je völlig verzeihen oder eine vertrauensvolle
Freundschaft mit ihr aufbauen kann. Meine anderen Freunde mobben sie
jetzt, verbreiten Gerüchte und stellen auch sie bloß. Aber dann
sind sie doch selber auch nicht besser als sie, oder? Jetzt frage ich
mich oft, warum sie das getan hat. Eigentlich glaube ich nämlich
nicht, dass sie es aus Boshaftigkeit oder Langeweile gemacht hat.
Manchmal denke ich, sie wollte sich in den Mittelpunkt drängen,
fühlte sich nicht wahrgenommen oder dass sie einfach zu den Coolen
in der Klasse gehören wollte.
Jetzt ist sie ganz allein.
(Krista)
Ich denke also bin ich
Aber wenn ich sage
Was ich denke
Sind andere wieder traurig
Ehrlichkeit ist also
Etwas ganz schlimmes…
(Sara, zitiert von Hannah
als Schatten)
Lügen –
Selbstschutz
Die ganze Zeit heißt es:
Lügen sind falsch Weil sie der Gesellschaft schaden Oder weil sie
der Moral widersprechen Eigentlich treffen uns Lügen aber doch, weil
damit UNS geschadet wird. Es trifft uns, weil ein Lügner falsche
Tatsachen auf sich bezieht oder er täuscht
uns über das, was er
wirklich denkt. Lügner schaffen sich eine Scheinwelt, mit der sie
die anderen täuschen. Warum sie das tun? Vielleicht, um
Aufmerksamkeit zu erregen oder weil sie einen Fehler begangen haben,
den sie nicht zugeben können. Oder weil sie niemanden verletzen
wollen. Vielleicht auch, weil sie den Wunsch haben, jemand anderen zu
schützen (oder einfach, um geliebt zu werden? Anm.d.Red.)
Diejenigen, die sich aber eine komplett andere Welt aufbauen
Die niemandem ihr wahres
Gesicht zeigen, denen geht es meistens so, dass sie noch nicht mal
vor sich selbst zeigen können, wer sie sind. Mag sein: Sie wollen
sich vor etwas schützen oder sie wollen Erlebtes vergessen, oder
wollen etwas geheim halten. Die heile Welt, die sie nach außen
zeigen ist eine Welt, die sie gerne hätten. Vielleicht erfinden sie
auch Lügen über sich, in denen sie vorgeben, ihnen wäre etwas
passiert, aber sie könnten darüber nicht reden. Mitunter können
sie
dann plötzlich weinen
oder sie lassen es zu, dass sie wütend werden und ihre Verletztheit
zeigen.
Das können sie, weil sie
ja nicht sagen, worum es wirklich geht. Doch wenn diese Lügenwelt
ins Wanken gerät, (wenn herauskommt, dass alles nur gespielt ist),
sind solche Lügner schnell zum Wichtigtuer abgestempelt. Das Schwere
wird abgetan und die heile Welt als wahr angenommen.
So ist dieser Ort, an dem
man sein wahres Gesicht hätte zeigen können, zerstört. Klar, die
Betrogenen sind verletzt, aber kann man dem Lügner vorwerfen, er
hätte falsch gehandelt? Es war ganz sicher nicht richtig, aber
vielleicht durchaus nachvollziehbar. Lügen ist manchmal sicher fies
oder sogar hinterhältig. Lügen ist häufig unbedacht, aber ganz oft
ist Lügen auch ein Schutzmechanismus. Wir wollen uns verstecken, wir
zeigen uns von unserer sicheren Seite. Einer Maske, die höchstens
durch eine neue ersetzt wird. Warum lassen wir immer weniger Menschen
hinter unsere Maske gucken? Bei all der Versteckerei merken wir oft
gar nicht, wie sehr wir uns selbst dabei schaden. Auch wenn wir uns
nur schützen wollen, zerstören wir uns selbst, weil wir alles in
uns hineinfressen. In solchen Momenten bräuchten wir dann jemanden,
der unsere Gefühle annimmt, ohne Fragen zu stellen, ohne dass er es
ausnutzt oder dass man sich dafür schämen muss. Wenn wir solche
Menschen um uns haben, ist es vielleicht auch möglich, dass wir uns
öffnen und unser Gesicht zeigen. Dann können wir uns wiederfinden
und müssen nicht mehr lügen. Selbst dann nicht, wenn uns die
Wahrheit verletzlich macht. Selbst dann, wenn die Wahrheit
Abhängigkeit fordert. Unsere Masken abnehmen – das ist etwas, was
kaum einer alleine tun kann. Es braucht jemanden, der unseren ganzen
Schutzwall, unsere ganzen Lügen annimmt und uns auffängt. Aber
kann das irgendeiner leisten?
Ich hoffe es. Und ich
hoffe, dass es Menschen gibt, die den Mut finden, ihre Masken
abzunehmen.
Ich wünsche mir, dass es
Menschen gibt, die die Kraft haben, uns aufzufangen.
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